Wege aus der Depression: Was kann ich gegen eine Depression tun und wie kann ich ihr vorbeugen?

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mann am see

Wenn man tief in einer Depression steckt, das Aufstehen schwerfällt, der Appetit vergeht und man aus dem Grübeln alleine nicht mehr rauskommt, sieht man oft keinen Ausweg aus der Depression und keine Möglichkeiten, ihr zu entkommen. Dabei gehört die Depression zu den am weitverbreitetsten psychischen Erkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir selbst oder eine uns nahestehende Person an ihr erkrankt, ist sehr hoch. Weltweit liegt das Risiko im Laufe des Lebens an einer Depression zu erkranken, also die Lebenszeitprävalenz einer Depression, bei etwa 16 – 20 %. Aber was hilft bei einer Depression und was kann ich von den therapeutischen Angeboten erwarten?

Was hilft bei einer Depression und was erwartet mich bei psychotherapeutischen Maßnahmen?

Häufig werden Depressionen aufgrund ihrer vielfältigen Symptome mit anderen Erkrankungen verwechselt, übersehen oder aufgrund der bestehenden Stigmatisierung in unserer Gesellschaft bewusst ignoriert. Dabei sind Depressionen heutzutage gut zu behandeln. Es gibt viele Möglichkeiten, eine Depression zu therapieren. Je früher wir eine Depression erkennen, desto besser lässt sich Betroffenen helfen. 

Es gibt verschiedene Maßnahmen, um eine Depression zu behandeln. Häufig wird eine Depression aus einer Kombination von psychotherapeutischen Maßnahmen und psychopharmakologischen (medikamentösen) Maßnahmen behandelt. Darüber hinaus gibt es zusätzliche Maßnahmen, welche die Symptome einer Depression lindern können.

Psychotherapeutische Maßnahmen umfassen Gespräche und Übungen mit einem Therapeuten. Das Therapieziel wird dabei immer gemeinsam mit dem Therapeuten erarbeitet. Es gibt verschiedene Arten der Psychotherapie. Die in Deutschland am weitesten verbreitete Therapie zur Behandlung von Depressionen ist die kognitive Verhaltenstherapie.

  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): In der kognitiven Verhaltenstherapie geht es darum, sich seiner eigenen Gedanken, Einstellungen und Erwartungen bewusst zu werden und belastende Überzeugungen zu erkennen und zu verändern sowie Verhaltensweisen anzupassen. Die Vermittlung und das Erlernen neuer Verhaltens- und Denkmuster sind von zentraler Bedeutung, sodass sich die eigene Stimmung langfristig normalisieren kann. Die KVT findet meist im Einzelgespräch statt, sie kann aber auch in Gruppensitzungen stattfinden.

Psychopharmakologische Maßnahmen zur Behandlung von Depressionen umfassen verschiedene Antidepressiva. Die meisten Antidepressiva bringen das Ungleichgewicht verschiedener Botenstoffe, wie z. B. Serotonin oder Monoamine, im Gehirn wieder ins Gleichgewicht, sodass die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen verbessert wird. Achtung: Die Wirkung der Antidepressiva erfolgt nicht unmittelbar nach der Einnahme, sondern oft erst nach zwei bis sechs Wochen. Daher ist gerade zu Beginn der Einnahme eines Antidepressivums eine enge Betreuung durch den behandelnden Arzt sinnvoll. Denn es gibt Formen von Antidepressiva, die zunächst den Antrieb steigern, aber noch nicht die Stimmung verbessern bzw. das Grübeln reduzieren. Daher steigt in dieser Phase das Risiko für Suizide und eine enge Betreuung ist sehr sinnvoll. 

Darüber hinaus müssen viele Patienten zunächst mehrere Antidepressiva testen, um die gewünschte Wirkung zu erhalten sowie möglichst wenige Nebenwirkungen zu haben. Bei der Auswahl des passenden Medikaments spielt vor allen Dingen die Auswirkung auf den eigenen Antrieb eine entscheidende Rolle. Ein Teil der Antidepressiva wirkt eher beruhigend und sedierend und kann so das Ein- und Durchschlafen verbessern. Ein anderer Teil wirkt eher aktivierend und kann dabei helfen, wieder einen Antrieb zu haben und aktiv zu werden. 

Akute Depressionen behandelt man mit Antidepressiva ungefähr 4-6 Wochen lang. Um einen Rückfall zu vermeiden, wird die Einnahme häufig um weitere 4-6 Monate erweitert. Die Einnahme von Antidepressiva hilft vor allem bei schweren Depressionen und bei Bedarf auch bei mittelgradigen Depressionen. Bei leichten Depressionen sollte man zunächst mit einer Psychotherapie starten.

Zusätzliche Maßnahmen: Wie kann man Depressionen vorbeugen?

Bewegung: Bewegung beeinflusst das Wohlbefinden positiv, da durch Sport die Ausschüttung von Endorphinen, Serotonin und Noradrenalin angeregt wird. Diese wirken sich positiv auf die Stimmung aus. Darüber hinaus kann Sport den Tag strukturieren und das Selbstwertgefühl stärken. Zudem kann Sport vor allem bei Depressionen von negativen Gedanken ablenken. Gemeinsam mit anderen können durch den Sport auch soziale Kontakte gefördert werden und beim Verbessern der Stimmung zur Motivation oder Aktivierung hilfreich sein. So kann Sport in mehrer Hinsicht dabei helfen, die Symptome einer Depression zu verringern. Studien zufolge genügt Sport alleine aber nicht, um gegen eine Depression zu wirken, sondern sollte in Kombination mit anderen Maßnahmen erfolgen. Allerdings kann Sport präventiv gegen Depressionen wirken.

Ausreichender und kontrollierter Schlaf: Schlafstörungen sind eine häufige Begleiterscheinung von Depressionen. Das viele Grübeln, wenig Bewegung und kein ausreichendes Tageslicht sind nur einige von vielen Gründen für einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus, der wiederum in Müdigkeit und Antriebslosigkeit resultieren kann. Daher ist es sinnvoll, innerhalb einer Therapie oder darüber hinaus am eigenen Schlafverhalten, Ritualen und so am Schlaf-Wach-Rhythmus zu arbeiten, um den Schlaf zu optimieren und fitter und erholter in den Tag zu starten. Möchtest du wissen, wie du morgens aus dem Bett kommst und abends kontrolliert einschlafen kannst? Hintergrundinformationen zum Schlaf sowie Methoden, um den eigenen Schlaf zu optimieren, findest du hier.

Tageslicht und Lichttherapie: Zu wenig Tageslicht kann eine Depression begünstigen, vor allen Dingen an dunklen Wintertagen. Bei Dunkelheit wird das Schlafhormon Melatonin produziert. Dieses Hormon macht uns müde. Um Melatonin zu produzieren, baut unser Körper den Botenstoff Serotonin ab. Ein Mangel an Serotonin hängt wiederum mit Depressionen zusammen (Serotonin-Hypothese). Wird also durch Dunkelheit mehr Melatonin produziert, wird mehr Serotonin abgebaut. Daher ist viel Licht hilfreich, um weniger Melatonin zu produzieren und dadurch dem vermehrten Abbau von Serotonin sowie der Entstehung einer Depression entgegenzuwirken. Im Winter kann beispielsweise eine Tageslichtlampe helfen, um einen Winterblues bzw. eine Winterdepression zu vermeiden. In einer Lichttherapie wird die gesamte Netzhaut von Betroffenen mit einem erforderten Abstand und einer speziellen Lampe beleuchtet, sodass der*die Betroffene mehr und hellerem Licht ausgesetzt wird, um die Melatoninproduktion zu stoppen und so die Serotoninproduktion zu fördern. Je früher am Morgen die Lichttherapie angewendet wird, desto früher wird die Melatoninproduktion beendet, sodass sich die Stimmung positiv verändern kann.

Wo finde ich hilfe, wenn ich Anzeichen einer Depression habe?

Alle wichtigen Informationen zum Ablauf sowie wichtige Anlaufstellen haben wir dir am Ende unseres Grundlagenartikels zum Thema Depressionen zusammengestellt.

Alltagscheck

Versuche heute einen entspannten Spaziergang zu machen – selbst wenn dein Tag durchgeplant ist oder du überhaupt nicht aufstehen und aus dem Haus gehen möchtest. So bewegst du dich, aktivierst deinen Körper und kannst darüber hinaus Tageslicht aufsaugen, um die Stimmung zu verbessern.

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